Im Team
erwähnte kürzlich jemand eine Studie,
die ich gerne zitieren möchte,
aber partout nicht finde. Ich könnte
doch rasch in einer Rundmail fragen,
ob sich jemand an die Studie erinnert
und sie mir schickt. «Klar, warum
nicht?», meldet sich eine innere
Stimme. «Das ist ja genau einer der
Vorteile des neuen Arbeitens. Du
kannst eine solche Anfrage irgendwann
und irgendwo stellen und musst
nicht warten, bis du das nächste Mal
im Büro bist.»
Doch während ich mit dem Schreiben der E-Mail beginne, meldet sich
eine andere Stimme: «Überleg dir das gut. Ist es wirklich angezeigt, Mitarbeitende
am Wochenende mit Anfragen zu belästigen?» – «Unsinn!
», widerspricht die erste Stimme:
«Bei E-Mails können die Empfängerinnen
und Empfänger selbst entscheiden,
ob sie am Wochenende
geschäftliche Mails lesen wollen oder
nicht. Niemand ist dazu verpflichtet.
Wer nicht gestört werden will, öffnet
sein Postfach nicht und schaltet
entsprechende Benachrichtigungen
ab.»
Ich ergänze meine Mail mit dem Hinweis, dass die Antwort nicht
dringend und gut auch bis nächste
Woche warten könne, schliesslich sei
der Redaktionsschluss erst am Dienstag.
Doch meine Gedanken unterbrechen
mich erneut: «So einfach ist das
nicht. Du vergisst sowohl deine
Vorbildwirkung als auch den Machtfaktor.
Wenn du als Vorgesetzter am
Wochenende Mails verschickst, so
schwingt damit die Botschaft mit,
dass Arbeiten am Wochenende zum
guten Ton gehört. Mitarbeitende
könnten sich genötigt fühlen, dir zu
antworten.»
Langsam verärgert über dieses Stimmengewirr am Gartentisch
versuche ich einzuwenden, dass mit
dieser Argumentation letztendlich die
Vorteile von New Work grösstenteils
wieder zunichtegemacht würden.
Nicht nur bei mir, sondern auch bei
meinen Mitarbeitenden, denn ich
würde sie ja durch mein Warten auf
Montag der Möglichkeit berauben,
ihre Arbeitszeit selbstbestimmt
einzuteilen.
Noch bevor ich ergänzen kann, dass wir ja wohl hoffentlich auch
eine Arbeitskultur geschaffen haben,
in welcher der Machtfaktor von
Vorgesetzten vernachlässigbar sei,
geht eine wilde Diskussion innerer
Stimmen am Gartentisch los. Deren
Geräuschpegel übersteigt diejenigen
im Büro am Montagmorgen bei
Weitem und zwingt mich, die Arbeit
zu unterbrechen.
Was meinen Sie? Schreiben Sie mir:
beat.doebeli@phsz.ch – auch am
Wochenende! (Ich entscheide dann
selbstbestimmt, ob ich Ihre Mail
gleichentags beantworten will).